Flingern-Süd

Es lebe Fortuna

Es wachsen keine Kiefern auf der Kiefernstrasse und auch keine Fichten nebenan. Keine Linden, Birken, Platanen, Pinien, die Strassen heißen nur so, ein wenig Hoffnung, Illusion für Illusionslose
Und doch fiebert in diesen Monaten Ddorf mit Flingern Süd, mit der Fortuna, der Glücksgöttin.“Toni, du bist ein Fußballgott“. Noch ein Gott. Glück und Glas, wie leicht bricht das. Fortuna ist die Mannschaft mit dem turbulentesten Auf und Ab im deutschen Fußball. Eigentlich gehört Fortuna schon zu Flingern Nord, gefühlsmäßig ist es der Süden.
Flingern Süd ist die Heimat des „Vampirs von Düsseldorf“, eine Strasse weiter sprengte ein Desperado sein Haus in die Luft, um die Ecke an der Haltestelle Ackerstr. versuchten Terroristen, russische Juden zu töten. Es ist, als ob das Unglück andere magisch anzieht.

Als die erste Düsseldorfer Eisenbahn (die vierte von Deutschland) am 20. Dez. 1838 vom Graf Adolf Platz nach Erkrath(später Wuppertal) fuhr, nahm sie kerzengerade genau die Strecke, auf der jetzt die berühmteste Strasse des Viertels liegt: die Kiefernstrasse(„verlassener Bahnkörper“ steht auf den Karten) Stellen Sie sich nach dem Knick auf die Strasse und blicken nach Westen durch das Orontogelände und alles Häusergewirr hindurch: Gehen Sie virtuell los, dann kommen Sie kerzengerade zum Graf Adolf Platz, dem 1. Bahnhof von Düsseldorf
Im Grunde war die Kiefernstrasse die einzige Wohnstrasse 1910 im industriellen Flingern: schöne große Häuser der Gründerzeit.

Flingern Süd war anfangs wüst und leer. Es gab den kleinen Ort Icklack(heute „An der Icklack“) und den Carlshof (heute Erkratherstr).
Drei Feldwege: die Gerresheimer- Behrensstr nach Gerresheim , vorher aber in den Sumpf des Flinger Broichs und dh zur FORTUNA,
die Erkratherstr. von der Klosterstr. her nach Eller u Erkrath
und den Höher Weg im Sumpf nach nirgendwo. Es gab immer schon den Feldweg vom Oberbilker Markt zum Carlshof, die spätere Fichtenstr und den Weg vom Oberbilker Markt nach Icklack, den man „Albertstr“ nannte (die Nazis mochten Poensgen nicht, also nahm man den Vornamen)

Die Eisenbahn änderte alles.
Die erste „Bergisch Märkische Eisenbahn“ kam 1838 für Flingern zu früh, es gab noch keine Industrie. Erst die zweite „Cöln Mindener Bahn“ 10 Jahre später löst in Ddorf die industrielle Revolution aus: im Süden von Flingern, in Oberbilk.
Das „Oberbilker Gleisdreieck“ mit den Schenkeln: Eisen-Mindenerstr und Worringerstr plus der „Verbindungsbahn“ enthält alle großen Namen der Ddorfer Eisenindustrie von 1850 -60. Um 1860 war das Dreieck zugebaut. Jetzt erst greift man in die Nachbarschaft nach Lierenfeld und Flingern über.
DIE „Cöln Mindener“, die als erste ins Ruhrgebiet fährt(da spielte die Musik) brauchte zwei Bögen, die Schenkel des Dreiecks, um von ihrer Linie Köln-Duisburg zum Graf Adolph Platz zu kommen
1866 kapiert auch die Urbahn von 1838, dass man ins Ruhrgebiet muß. Sie baut die „Ruhrthalbahn“, und das ist nun Flingern. Die Bahn ging von der Urbahn etwa beim leckeren „Club Portugues“ Erkratherstr. nach Norden ab und schuf dann alle Industrien von Flingern: das Gaswerk(1885, das erste stand in der Klosterstr, dann Luisenstr), mit dem Gas dann das E-Werk(1891), nach dem Krieg 1957 die Verbrennungsanlage, Hein Lehmann1889, Habersang1891 und vor allem 1907 Peter Klöckner, der Schiffsbauersohn aus Koblenz mit seiner riesigen „Düsseldorfer Eisen- Draht Industrie“. Als Klöckner 1975 stillgelegt wurde, entstanden die „Kiefernstr“, „ZAKK“, „Tor Drei“, also die Kreativcenter des Viertels, die Kaderschmiede der Ddorfer Szene. Parallel zur Bahn entstand zunächst die „Ruhrthalstrasse“( heute eine winzige Einbahnstr, aber die Gleise kann man immer noch sehen am Höherweg) vom Oberbilker Markt bis zur Hoffeldstr und weiter bis zum Zoo. Die Ruhrtalstrasse ist die spätere Kiefernstr vor dem Knick. Klöckner lag parallel zur Strasse. Flingern braucht dringend einen historischen Industriepfad, so spannend ist es hier.
Heute gibt es das Wohnviertel von Icklack und Flinger Geisten (um die Mettmannerstr herum), die Automonster Erkratherstr und Kettwiger(ganz jung), und die Zigeunerstr „Höher Weg“(Sinti Roma), die zur Hochglanz- Automeile wurde
Und natürlich Fortuna, immer noch im hintersten Sumpfwinkel des Flinger Broichs. Wir fiebern mit, wieder einmal, und einige seufzen: “Ja, wenn der Janes und der Knöd heut noch Fußball späle tät“.
Dieter Jaeger


(C) 2007-2010 - Alle Rechte vorhehalten

Diese Seite drucken