Stadtführungen::Stadtrundgänge::Aktionen in DüsseldorfGlossen

die Rosenstadt

Von „Kellnerei“ und „Freiheit“ hören wir, gibt es hier Freibier oder andere lose Verhältnisse?

Da liegt sie nun die letzte schmucke Braut, die sich Ddorf 1975 holte. Überall Rosen auf geschnitzten Straßenschildern, einmalig in Ddorf, wie die eigene telefonische Vorwahl. Überall Flieder, Wacholder, Espen und Hollunder und schöne unbekannte Damen Klara und Melanie (Strassennamen). Nur 6000 Ew, aber der größte von allen 49 Stadtteilen
Und das ist auch richtig so.
Angermund hatte das Sagen in gerichtlichen Dingen über Düsseldorf bis 1371. Nur über den grausamen „Gerichtschreiberweg“(heißt heute noch so) kommt man vom Gerichtsort Kreuzberg(Kaiserswerth), wo das Urteil gefällt, zum Sitz des Amtmanns nach Angermund, wo es vollstreckt wurde. Kein Wunder, dass es schaurige Geschichten gibt, vom „JungfernSchall“(wimmernde Hexen) und „Suitbertusmord“(Hinterhalt für die Gefährten des Suitbertus). Die Häuser „Sack“ und „Schall“, beide an der Anger, gibt es noch. Die Wirklichkeit war schaurig genug. In der Burg, der “Kellnerei“(8 m tiefe Keller) wurde eingekerkert, gefoltert, ertränkt.
Die Wallburg an der Mündung in einen Altarm des Rheins ist an dieser strategisch wichtigen Stelle vielleicht schon von Kelten gegründet worden.
Hier, an der Grenze Franken gegen Sachsen (800), ist sie noch wichtiger geworden. Unter den Ottonen (Sachsenkaiser 10.JH ) beliebtes Jagdrevier, von Barbarossa, dem Staufer, 1160 verstärkt, in den Besitz des Kölner Erzbischofs 1188, dann vom Heiligen Engelbert, der ein Berger Graf und Kölner Erzbischof war,1218 als Lehen erhalten. Von jetzt ab heißt es Amt Angermund, eines von acht Verwaltungszentren der Grafschaft Berg. Residenz Witwensitz Partyschloß der Berger in den folgenden Jahrhunderten.
Im „Kuhkrieg“ Berlin gegen Düsseldorf 1654 (nur ein Paar Kühe bei Pempelfort mussten dranglauben) zwischen dem Großen Kurfürst und dem Großvater von Jan Wellem wird die Festung Angermund zerstört.

Die Grafschaft Berg ,um 1000 an der Erft entstanden (1. Sitz Altenberg, heute Zisterzienserabtei), 1380 Herzogtum, 1690 Teil eines Kurfürstentums, 1806 Großherzogtum, 1822 preussische Rheinprovinz, 1946 zu NRW (Hauptstadt immer Düsseldorf)
Die straffe Verwaltung haben alle Landesfürsten (Grafen oder Herzöge) der karolingischen Hofverwaltung abgeschaut (seit Karl dem Großen(800), verfeinert vom Sachsenkaiser Otto(950).)
Die 5 wichtigsten Hofämter und ihre Bewährungsprobe(zunächst real, dann symbolisch) waren:
Der Marschall (Mähre+ Schalk=Knecht, also Cowboy) mußte bis zur Brust in einen Haufen Hafer reiten. Für Militär verantwortlich
Der Mundschenk reichte einen Becher Wein, für Küche verantwortlich
Der Kämmerer, später Schatzmeister, trug eine Kanne und ein Handtuch.
Der Truchsess, (auf der Truhe sitzend) oder Seneschall (Senior), der älteste, erfahrenste Diener, schnitt von einem Ochsen eine Scheibe ab, später heißt er Hofverwalter, Hofmarschall. Er war der wichtigste Hofbeamte.
Der Kanzler (Schreiber hinter einem Gitterschrank=cancellari, meist Hofgeislicher, später Siegelbewahrer) Der Begriff hat die tollste Karriere gemacht. Alle diese Amtsleute(später „Beamter“) wurden „Kammerherren“ genannt
Für die Verwaltung des Territoriums Berg gab es die Einteilung in 8 Ämter(eine Art Regierungsbezirk):Angermund, Mettmann, Solingen, Monheim, Bensberg, und heute fast unbekannte, wie Steinbach(Olpe), Bornefeld (Remscheid), Miseloh(Leverkusen). Zum Amt Angermund gehörten Wittlar, Kalkum, Bockum, Rath, Mündelheim, Rahm, aber auch Kaiserswerth, Ratingen und Lintorf
An der Spitze des Amtes standen drei Beamte: der Chef=Amtmann, der auch höchster Richter war, unter ihm: der Schultheiß (Vertreter des Amtmanns in Gerichtsachen), der Kellner=Rentmeister für Pachten, Zinsen, Zölle und Naturalien im Riesenkeller(z.B.Angermund 8m tief)
Das erste und oberste Gericht für die gesamte Grafschaft war anfangs der Ort Kreuzberg bei Kaiserswerth (seit span. Erbfolgekrieg 1702 verschwunden)Kreuzberg lag im Amt Angermund, unterstreicht noch einmal die Wichtigkeit von Angermund Später bekommt jedes Amt sein Schöffengericht, gegliedert nach Hauptland- Land- Hofgericht.

Der Ort neben der Burg wird zur „Freiheit“(niedere Stadt mit Erdwall, statt Steinmauer) mit drei Stadttoren(alle um die „Engelbertstr“), ab 1826 heißt sie „Stadt“

Um 1880 sah Angermund immer noch wie im Mittelalter aus: es gab nur die eine Engelbertstr, sonst nichts. Es gab Rat, Schöffen, Bürgermeister, 4 Jahrmärkte, eine Schusterzunft. Und es gab zwei „Bierzapfer“, womit wir wieder bei der „Kellnerei“ sind.
Der Bahnhof stand im freien Gelände. 1896 Einweihung, Sensation.
Als die Bahn 1846 gebaut wurde, sollten die Gleise mitten durch die Scheune von Bauer Rademacher.
Der Enkel erzählt: “Ja, leeve Jott,“ riep do mieh Gruhsvatter, „dat geit äver nit“. „Haben Sie keine Angst, es wird reichlich vergütet“. „Öm die paar Mark, do gäv ech nix drom. Äver die Moleste, die ech domet han“. „ Moleste, wieso?“ „Ja, denkt Ihr denn, ech wör suh doll on stönd emmer nett parat ond diet jiedesmohl, wenn sonne Zoch kömpt, die Schüreporz op on to mahke.“
Dieter Jaeger


Druckbare Version